Seit März sind die Schulen im Krisenmodus. Corona hat die Bidlungswelt ziemlich durcheinander gewirbelt. Online-Unterricht hieß die Devise! Doch wie sah Schule in Deutschland während der Coronakrise aus?
Wir haben mit sehr vielen Eltern gesprochen, die uns ihre Erlebnisse über Schule in Coronazeiten berichtet haben. Wir haben von vielen Schulkatastrophen gehört. Und von nur wenigen gelungenen Modellen. Da gab es die ganze Bandbreite:
1. Keine Tagesstruktur!
Im Anfang fühlte es sich wie Ferien an. Aber in kürzester Zeit wurde es offensichtlich - es fehlt eine Tagesstruktur. Aufstehen, fertig machen, Schule, Hausaufgaben, Sport und Musik, dann Freizeit: alles stand zur Disposition. Eltern verzweifelten an der Beliebigkeit der Tage ihrer Kinder. Wie nur sollen die Regelmäßigkeit lernen, wenn das von denen nicht verlangt wird? Besonders die jüngeren Schülerinnen und Schüler leiden massiv unter dem Verlust von einer Struktur in ihrem Alltag.
2. Schneckenpost und digitale Steinzeit
Erstaunlich viele Eltern haben Arbeitsblätter in den Schulen persönlich abgeholt. Ein Versand per Email ging nicht - die Schulen hatten keine Kontakt-Emails. Bis zu den Sommerferien ist es nicht gelungen, die Emails von den Eltern zu erhalten. Die Technik versagte auf ganzer Linie. Lehrer und Schulen besitzen zu wenig eigene Infrastruktur. Mancher Lehrer scheiterte an angeblichen Datenschutzbestimmungen, Technikwirrwarr bei Plattformen und Videoformaten. Bis zu den Sommerferien war das nicht gelöst.
3. Wochen- oder Monatspläne
Wochenpläne sind sehr beliebt, aber in vielen Fällen ungeeignete Instrumene für jüngere Schüler in der Grundschule und Unterstufe in Coronazeiten. Besonders wenn Erklärungen fehlen, der Frust wächst oder Motivation fehlt. Übermotivierte Schülerinnen und Schüler sind nach einem Tag fertig (und langweilen sich den Rest der Zeit), andere schieben es auf die lange Bank. Wenn Kontrollen fehlen - und das war der Normalfall - dann ist die Bank unendlich lang. Die Arbeit stapelt sich seit Monaten.
4. Zu wenig Kontaktzeit mit Lehrern
Wie geht es einem Schüler oder einer Schülerin in der Zeit? Ist alles ok? Braucht jemand Hilfe, entweder schulisch oder persönlich? Bisher haben wir unterschätzt, wie wichtig der Blick des Lehrers auf die Klasse ist. Wenn ein Videounterricht nicht möglich ist, fehlen Blick und die Zeit dafür völlig. Zu wenige Lehrer haben sich regelmäßig bei ihren Schülern gemeldet, um mit ihnen persönlich zu sprechen. Ein Anruf zu Hause? Eine Email? Leider viel zu häufig nicht passiert. Der erzieherische Aspekt von guter Schule fiel durch das Rost.
5. Wann lernt man neuen Stoff?
Gute Frage. Die meisten Schülerinnen und Schüler haben alten Stoff wiederholt. Neue Stoffvermittlung? Fehlanzeige. Wenige Lehrer haben es geschafft, auch komplizierte Sachverhalte ihren Schülern nahezubringen. Das Prinzip von Ableitungen in Mathe, verschachtelte Prosa von Vergil oder der Zitronensäurezyklus auf einem Arbeitsblatt neu zu verstehen? Nur die wenigsten Schülerinnen und Schüler schaffen das. Der Rest wird abgehängt. Oder sie haben das Riesenglück, einen technikaffinen engagierten Lehrer zu haben. Zu wenige Schüler hatten das Glück.
6. Und die Freunde?
Unsere Kinder vermissen am meisten die Freundinnen und Freunde aus der Schule. Der tägliche Umgang mit Gleichaltrigen ist immens wichtig. Wenn die Schule ohne Video-Calls auskommt, können sich die Kinder noch nicht mal sehen.
Was kommt nach den Sommerferien?
Hoffentlich eine besser vorbereitete Schule. Denn wir können alle davon ausgehen, dass uns Corona noch lange begleiten wird. Die Krise könnte eine erstklassige Gelegenheit sein, Schule zu modernisieren und auf neue Beine zu stellen. Zeitgemäßen Unterricht zu entwickeln ohne auf Bewährtes zu verzichten.
Wir sind gespannt...